Engagiert im Schulsanitätsdienst
Nicht immer scheint beim Einsatz die Sonne, aber immer arbeiten Schulsanis im Team.
„Wenn früher Blaulichtfahrzeuge an unserem Haus vorbeigefahren sind, habe ich mich immer gefreut und ihnen nachgeschaut“, erinnert sich Nick Bohl, der bald selbst auf einem Rettungswagen arbeiten will. Der 15-Jährige besucht die Gemeinschaftsschule am Himmelsbarg und weiß, wie er sein Ziel erreichen kann: vom Erste-Hilfe-Grundkurs über den Schulsanitätsdienst zum Rettungsdienst. Die ersten beiden Schritte sind getan. Damit ist Nick einer von rund 200 „Schulsanis“ an 24 Schulen im DRK-Kreisverband Pinneberg, die Verantwortung übernehmen - und ständig dazulernen.
Schulsanitätsdienst ist Teamarbeit
Die Aufgabenverteilung im Team zum Beispiel ist Thema der wöchentlichen Ausbildung der Schulsanis. Vier Aufgaben müssen bei Einsätzen verteilt werden: Protokoll schreiben, Rettungswagen einweisen, Vorbereitung und Ansprache des Patienten, Materialbereitstellung und Kontakt zum Lehrer und zum Schulsekretariat. Hartmut Pflantz, DRK-Ausbilder an sieben Schulen, gibt nicht alles vor. Er fordert die Jugendlichen heraus, eigenständig zu denken und ihre Praxis zu reflektieren: „Wie entscheidet ihr, wer den Einsatz leitet? Ist es der, der sich als erstes meldet oder die, die am meisten Erfahrung hat?“
Wenn es ernst wird
Noch während die Schüler*innen über die Antwort nachdenken, wird es ernst in dieser Theoriestunde. Zumindest ein bisschen: Einer hat Nasenbluten. Der Ausbilder ruft zum Praxistest. Wie von selbst ergibt sich: Der am dichtesten dransteht, hält Kontakt und beruhigt, die nächste holt die Kompresse und das Coolpad, der Dritte schreibt Protokoll. Eltern und Klassenlehrerin müssen in diesem Fall nicht benachrichtigt werden. Im Schulalltag werden Sanitäter*innen per Funkruf oder Schulhandy alarmiert. Ein antwortender Tastendruck und los geht’s zum Einsatz.
Als Verletzter Hilfe und Zuspruch erfahren
Wie wichtig eine professionelle und freundliche Ansprache bei der Ersten Hilfe ist, hat Nick Bohl am eigenen Leib erfahren: „Ich hatte mir das Knie aufgeschlagen, bin zum Schulsanitäter gegangen - und der war nett. Alle waren nett.“ Was Folgen hatte. „Und jetzt leite ich den DRK-Schulsanitätsdienst an unserer Schule.“ Insgesamt zwölf Schülerinnen und Schüler machen an der Gemeinschaftsschule am Himmelbarg mit. Darunter auch Emma Reifschläger, die erklärt, wie die Nachwuchsgewinnung funktioniert: „Meine Oma war Arzthelferin. Das fand ich spannend“, aber den letzten Anstoß gab Nick, „der hat mich mitgerissen“. Ab der 7. Klasse kann man richtig einsteigen. Wer ein Jahr aktiv ist, bekommt das auf dem Zeugnis bescheinigt. Ein Pluspunkt für Arbeitgeber.
Angesichts von durchschnittlich rund einer Million Schulunfällen pro Jahr sollte Erste Hilfe Pflichtfach werden. Dafür setzt sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe, der auch das Deutsche Rote Kreuz angehört, seit langem ein. In kleinen Schritten nähert man sich dem großen Ziel. Ein weiterer ist gerade geschafft: An vier Elmshorner Schulen soll es für alle Siebtklässler eine verpflichtende Doppelstunde Erste Hilfe geben. Die Initiative ging von der Björn-Steiger-Stiftung aus, die Kooperationspartner suchte und im DRK fand.
„Retten macht Schule“
Hartmut Pflantz weiß schon, was Inhalt der Pilotstunde sein wird: „Wir werden die Wiederbelebung mit der Herzdruckmassage üben“. Die am Programm „Retten macht Schule“ teilnehmenden Schulen erhalten zum Dank zwölf Übungspuppen und einen Defibrillator - nicht nur ältere Lehrer*innen, auch viele junge Menschen haben Herzfehler, ohne es zu wissen. Ein solches Gerät kann dann Leben retten. Aber es braucht Menschen, die sich im Notfall darum kümmern. Und Know-how.
„Ich mache weiter“, sagt der DRK-Ausbilder, der inzwischen 20 Jahre Aufbauarbeit für den Schulsanitätsdienst geleistet hat. „Es ist unglaublich, was Hartmut Pflantz alles auf die Beine gestellt hat, wie viele Menschen er überzeugt hat, Schulsanitätsdienste aufzubauen und zu unterstützen! Das ist einfach großartig“, sagt Sean Anderson und Dennis Schaper, ebenfalls Freiwilligenkoordinator, ergänzt: „Der nächste Schritt ist, dass Erste Hilfe endlich den Weg in die Lehrpläne findet. Daran arbeiten wir.“
Neue Vorschläge der Schulsanitäter*innen
Mit zwei Jahrzehnten Ausbildungspraxis im Rücken nimmt Hartmut Pflantz wahr, wie sich gesellschaftliche Veränderungen auch auf die Jugendlichen auswirken: „Man merkt, dass die Schüler*innen lockerer auftreten, aber auch kritischer beobachten und ihre Meinung sagen.“ Zum Beispiel zum „Ährenverband“ bei glattem Bruch. Der war jahrelang Standard. Bis die Schulsanitäter fragten, warum er Standard ist, wenn der Notarzt den Verband sowieso gleich wieder abnimmt. Jetzt wird einfacher verbunden.
Standing im Dienst
Dass die Schulsanis sich intensiv mit ihrem Dienst und den Vorgaben auseinandersetzen, findet der DRK-Ausbilder gut, dass Jugendliche ihre Grenzen austesten wollen, gehöre einfach dazu. Dieses Standing vermittelt Hartmut Pflantz auch seinen Auszubildenden. Das ist auch nötig. „Ältere Schüler tun in der großen Pause schon mal so, als seien sie verletzt. So nach dem Motto ‘Ey Schulsani, ich bin beim Laufen umgeknickt‘“, erzählt Schulsanitätsdienstleiter Nick Bohl. Er lässt sich dann weder necken noch aus der Ruhe bringen. Dann wird einer mehr darüber informiert, dass hier Freiwilligenarbeit geleistet wird - die keineswegs selbstverständlich ist.
Kontakt zum Schulsanitätsdienst:
Sean Anderson
Telefon: 04101/5003-423, Mobil: 0175 - 959 64 79
E-Mail: ehrenamtdrk-kreis-pinneberg.de