„Jeder Ortsverein zählt, jeder Einzelne im Ortsverein ist wichtig.“
Reinhold Kinle stand dem DRK-Kreisverband Pinneberg seit dem 1. April 2004 vor und führte seine Geschäfte. Insgesamt blickt er auf 50 Jahre Arbeit für Wohlfahrtsverbände zurück. In dieser Zeit hat sich viel verändert. Ein Rückblick.
Sie waren als Geschäftsführer und Vorstand genau 19 Jahre für das Gedeihen des Kreisverbands Pinneberg verantwortlich. Was war Richtschnur für Ihre Entscheidungen?
Ich habe situativ gearbeitet, aber immer mit einem zuversichtlichen Blick auf die Zukunft. Als ich anfing, hatten wir elf Kitas, heute haben wir 20 Kitas im Kreisverband. Der Bedarf hat sich vervielfältigt, ich musste oft schnell reagieren. Da kam etwa ein Elternverein auf mich zu, der niemanden hatte, der ihre Kita weiterführt. Wir haben mit Zustimmung der Kommune die Kita in die Trägerschaft des DRK überführt. Mir war wichtig, dass in der Region das DRK für alle da ist, vom Kleinkind bis zum Senior.
Wie hat sich in dieser Zeit, die fast eine Generation umfasst, das Deutsche Rote Kreuz verändert?
Die Idee des Vereins mit regem Vereinsleben verblasst. Hier geht etwas verloren, weil auch von Arbeitnehmern verlangt wird, dass sie flexibel bleiben und jederzeit zur Stelle sind. Das muss man erstmal schaffen. Ich sehe das beim Fußballverein an meinem Wohnort. Die Menschen fahren weit zur Arbeit, geben 100 Prozent, und sagen abends dann: „Mehr schaffe ich nicht.“
Was bedeutet das für die Menschen und die Arbeit im DRK?
Dass wir auch Menschen willkommen heißen, die sich punktuell engagieren wollen. Bei einem Sommerfest oder einer Blutspendeaktion. Den „Allrounder“, der sich überall nützlich macht, ist rar geworden. Wir müssen denen, die trotz knapper Zeit Interesse zeigen, ein Stück entgegenkommen.
Was hat Sie erfreut?
Die Entwicklung des Schulsanitätsdienst erfreut mich. Von wegen „rücksichtslose Jugendliche, die nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“. Die Schulsanis beweisen das Gegenteil! Heute zählen wir 440 Schulsanis an 23 Schulen. Und die können was. Allein an einer einzigen Schule in Elmshorn versorgen sie zwischen 500 und 600 Verletzungen im Jahr.
Von den Jungen zu den Älteren: Schauen wir auf die Pflege…
In der Pflege mussten wir 2012 ein Haus schließen. Schon damals waren Fachkräfte schwer zu bekommen. Immerhin konnten wir den ambulanten Pflegedienst im Betreuungsbereich ausbauen. Die Nachfrage jetzt – der Wahnsinn. Das Haus in Hörnerkirchen mit seinen 24 Plätzen konnten wir erhalten, obwohl es so weit draußen liegt. Das ist der Pflegeleitung und den Nachbarn im Dorf zu verdanken. Man kennt sich und schätzt sich. Die Tür steht offen, auf der Tafel darüber heißt‘s: „Kiek mol in“.
Was möchten Sie Ihrem Nachfolger gerne mitgeben?
Sorgen Sie dafür, dass das DRK in der Fläche präsent ist, dafür müssen die Ortsvereine erhalten bleiben. Immer wieder mal kommt ein Ortsverein ins Trudeln und läuft Gefahr sich aufzulösen. Da muss man tätig werden. Wie in Haseldorf. Nach zwei Fehlversuchen fand sich über den Kreisverband ein Frauentrio, das den Vorsitz dann übernahm. Was gebe ich mit? Bleiben Sie geduldig und seien Sie zuversichtlich.
Was nehmen Sie mit aus den zurückliegenden Jahren?
Gute Erinnerungen und tolle Begegnungen. Ein gutes Gefühl, dass der Kreisverband gut aufgestellt ist. Ja, ich gehe mit einem guten Gefühl.
Sie hatten während Ihrer Zeit im Vorstand alle und alles im Blick. Wie wussten Sie immer wer wann was wo macht?
Ich war immer neugierig. Mich interessieren die Menschen. In jedem Gespräch habe ich etwas erfahren, was für den Kreisverband wichtig war. Ich war immer erreichbar.
Worauf kann der Kreisverband stolz sein?
Auf seine motivierten und aktiven Mitglieder und Mitarbeitenden. Von den Betreuungs- und Sanitätseinheiten bis zur Wasserwacht. Alle 30 Ortsvereine machen uns zum dem, was wir sind. Jeder Einzelne, der das rote Kreuz mit Stolz trägt, ist wichtig – und wirbt für uns.
Was haben Sie vor, im Ruhestand?
Ich habe da eine lange Liste. Im Garten müssen die Bäume beschnitten werden. Ich koche gerne und probiere Rezepte aus. Drei Jahre habe ich keinen Urlaub gemacht. Ich freue mich drauf, in die Berge zu fahren und Zeit zu haben.